Hormonell wirksame Chemikalien in Kosmetika

Hormonell wirksame Chemikalien in Kosmetika

Im Rahmen einer umfangreichen Untersuchung haben die österreichische Umweltschutzorganisation Global 2000 und der deutsche Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) 2013 herausgefunden, dass rund ein Drittel der ca. 60.000 untersuchten Körperpflege- und Kosmetikprodukte Inhaltsstoffe aufwiesen, die das menschliche Hormonsystem potenziell negativ beeinflussen können.

Besonders stark belastet waren Produkte der folgenden Kategorien: Haarwachs (36 %), Sonnenschutzmittel (33 %), Rasierschaum und -creme (30 %), Lippenstifte bzw. Gloss-Produkte (27 %) und Zahnpasta (20 %). Bei den Baby-Shampoos enthielten dann zwar "nur" noch 9 % der getesteten Produkte diese bedenklichen Chemikalien - aber gerade Produkte für Kinder sollten eigentlich gar keine enthalten! 

Seit dieser Untersuchung von 2013 ist - laut einer weiteren unabhängigen Untersuchung im Jahre 2016 - der Anteil an hormonell wirksamen Stoffen in den untersuchten Produkten zwar gesunken, allerdings sind diese immer noch in ca. jedem vierten untersuchten Kosmetikprodukt zu finden.

Warum ist das ein Problem?

Föten im Mutterleib, Kleinkinder und Pubertierende reagieren besonders empfindlich auf hormonell wirksame Schadstoffe.

Hormonell wirksame Chemikalien - auch bekannt als endokrin wirksame Stoffe bzw. endokrine Disruptoren (EDs) - sind körperfremde Stoffe, die unseren eigenen Hormonen aber so sehr ähneln, dass sie diese potenziell verstärken oder aber auch blockieren und so einen (negativen) Einfluss auf unser Hormonsystem ausüben können.

Viele dieser Chemikalien entfalten - so wie echte körpereigene Hormone auch - bereits in sehr geringen Mengen ihre Wirkung. Diese werden von vielen Wissenschaftlern mit dem globalen Anstieg der folgenden Störungen in Zusammenhang gebracht:  

  • Krebs: Durch Hormonstörungen ausgelöste Krebsarten wie Brust-, Prostata- und Schilddrüsenkrebs
  • Unfruchtbarkeit (z.B. sinkende Spermienqualität)
  • Übergewicht (Adipositas)
  • Zuckerkrankheit (Diabetes)
  • Herz-Kreislauferkrankungen
  • Entwicklungsstörungen des Nervensystems bei Kindern/ADHS 

Auch die EU-Kommission bezeichnet diese Stoffe - vor allem die am häufigsten verwendeten Parabene - als "Inhaltsstoffe von wachsender Besorgnis" ... und trotzdem sind diese laut EU-Kosmetikverordnung bis dato weiterhin nicht verboten. Und das, obwohl bei einigen davon eine hormonschädigende Wirkung - zumindest bei Tieren - bereits nachgewiesen wurde: 

    • Propylparaben / Triclocarban / Triclosan: Konservierungsstoffe
    • BHT (butylated hydroxytoluene): Antioxidantien (verhindern den oxidativen Abbau von Kosmetik-Inhaltsstoffen)
    • Octocrylene / Homosalate / 4-Methylbenzylidene Camphor / Benzophenone / Benzophenon-3: UV-Filter (schützen die Haut vor UV-Strahlung) bzw. UV-Absorber (schützen das Produkt vor UV-Strahlung)
    • Benzylsalicylat: Duftstoffe
    • Resorcin: unterstützt die oxidative Haarfärbung
    • Genistein / Daidzein: Phytoöstrogene (pflanzliche, dem weiblichen Sexualhormon Östrogen ähnliche Stoffe)
    • Kojisäure: Bleichwirkung auf die Haut, überwiegend in Importprodukten 

    Was man dir weismachen will

    Verteidiger des Einsatzes von Parabenen und anderen hormonell wirksamen Chemikalien verwenden häufig die folgenden Argumente, um die Bedenken rund um diese Stoffe in den Bereich der Panikmache zu rücken:

    • geringe Dosis: Die betroffenen Stoffe würden häufig ohnehin nur in sehr geringen Dosen eingesetzt werden.
    • beim Menschen nicht nachgewiesen: Die hormonschädigende Wirkung sei bis jetzt nur bei Tieren, nicht aber beim Menschen nachgewiesen worden.
    • unterschiedliche Anwendungsmethoden: Die im Tierversuch verwendete Methode entspräche nicht der Verwendung der Produkte im Alltag (direkte Injektion unter die Haut vs. Auftragen auf die Haut)

    Doch diese Beschwichtigungsversuche sind mit Vorsicht zu genießen:

    • Die Menge macht das Gift: Während es stimmt, dass man nach der Verwendung EINES Produkts mit hormonell wirksamen Stoffen nicht sofort tot umfällt, so ist dennoch zu bedenken, dass wir in unserem Alltag einer Vielzahl an Produkten mit diesen bedenklichen Inhaltsstoffen ausgesetzt sein können (ca. 5 kg Kosmetik / Person / Jahr plus weitere potenzielle Quellen wie Verpackungsmaterialien, Kleidung, Thermopapier, Beschichtungen von Kochgeschirr, Wandfarben, etc.). In SUMME entsteht so ein beachtlicher Hormoncocktail mit den oben erwähnten potenziellen negativen Auswirkungen.
    • Im Blut nachweisbar: Hormonell wirksame Parabene können sehr wohl auch rein nur über Auftragung auf die Haut in den menschlichen Körper gelangen. So können sie schon kurz nach der Anwendung im Blut nachgewiesen werden, finden sich auch im Harn und Körpergewebe der meisten Menschen und wurden z.B. auch im Tumorgewebe von Brustkrebspatientinnen gefunden. Als bedeutendste Quelle für diese Schadstoffbelastung gelten Kosmetikprodukte!
    • Übertragung von der Mutter auf das Kind: Über die Gebärmutter können diese Stoffe auch in den sich noch entwickelnden Fötus gelangen und wurden traurigerweise im Blut von Neugeborenen ebenso nachgewiesen wie in Muttermilch.

    Bei konventioneller Kosmetik laut EU-Kosmetikverordnung wird allerdings häufig nach dem folgenden Prinzip agiert: Erlaubt ist, was nicht explizit verboten wurde. Und explizit verboten werden Stoffe erst, wenn deren Schädlichkeit (für den Menschen) eindeutig nachgewiesen wurde.

    Aber Hand auf's Herz: Wer will es bei der persönlichen Gesundheit und der der eigenen Kinder schon unbedingt darauf ankommen lassen?

    Wie kannst du Produkte mit hormonell wirksamen Stoffen vermeiden?

    Solltest du nun auf diese Art von Produkten verzichten wollen, so bieten sich dir die folgenden Möglichkeiten:

    • Verwende zertifizierte Naturkosmetik mit einem vertrauenswürdigen Label - hier ist die Verwendung von hormonell wirksamen Chemikalien nicht erlaubt!
    • Überprüfe die Inhaltsstoffe des betreffenden Produkts anhand dieser Liste von Global 2000!
    • Verwende eine App wie z.B. ToxFox oder Codecheck, um die Produkte mittels Barcode oder Produktnamen auf potenziell bedenkliche Inhaltsstoffe zu überprüfen!
    • Besonders stark belastet sind laut BUND übrigens interessanterweise oft gerade die höherpreisigen Produkte von Marktführern. Eigenmarken von Drogerieketten oder Supermärkten schneiden im Vergleich besser ab. Naturkosmetik ist - wie oben schon erwähnt - in der Regel gänzlich unbelastet. 

     

    Quellen:
    Global 2000, Hormonell wirksame Chemikalien in Kosmetik
    Global 2000, Kosmetik Check 2016
    Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) – Friends of the Earth Germany, Hormonelle Schadstoffe in Kosmetik – der BUND-Check
    Verein für Konsumenteninformation (VKI), Kosmetika: Chemikalien, die wie Hormone wirken
    Orf.at, Hormonell wirksame Stoffe in Kosmetika
    Orf.at Kosmetika: Hormonell wirksame Inhaltsstoffe weit verbreitet
    Verein für Konsumenteninformation (VKI),  Hormonell wirksame Substanzen
    Codecheck, Hormonell wirksame Stoffe in jedem vierten Kosmetikartikel 
    Focus.de, Kosmetik kann für Unfruchtbarkeit sorgen

     

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