Über lange Zeit hinweg reinigten Menschen ihren Körper hauptsächlich mit Seife. Später kamen dann ph-hautneutrale Reinigungsprodukte auf den Markt und Seifen wurden von vielen Seiten verteufelt, weil sie aufgrund ihres ph-Werts schlecht für die Haut seien.
Was ist dran an dieser Behauptung?
Fangen wir bei den Basics an ...
Was ist der ph-Wert?
Die Abkürzung "ph" steht für "potentia hydrogenii" oder "die Kraft des Wasserstoffs". Der ph-Wert gibt somit Auskunft über den Gehalt an H3O-Ionen in einer Flüssigkeit.
Die Skala des ph-Werts geht von 0 bis 14, wobei die Mitte der Skala, also 7, als neutral gilt.
Bei einem ph-Wert unter 7 wird eine Lösung hingegen als sauer bezeichnet, bei einem ph-Wert über 7 als alkalisch (auch basisch genannt).
Je niedriger der Wert, als desto saurer gilt also die Lösung und je höher der Wert, als desto basischer.
Der ph-Wert des menschlichen Körpers unterscheidet sich je nach Bereich - vom sehr sauren Magensaft (1,2 - 3) über den zwischen sauer und leicht alkalisch schwankenden Urin (4,8 - 7,6) bis zu den neutral bis leicht basischen Körperflüssigkeiten Speichel, Lebergalle, Blut, Fruchtwasser und Bauchspeichelsekret (7 - 8).
Der ph-Wert der Haut
1928 führten die Mediziner Alfred Marchionini und Heinrich Schade in einem Artikel aus, dass, basierend auf ihren Messungen der Wasserstoffionenkonzentration, die menschliche Haut mit einer sauren Schicht (ph-Wert um die 4,5 - 5,5) bedeckt sei.
Diese Feststellung war zwar nicht neu, aber die beiden stellten erstmals einen Zusammenhang zwischen dem ph-Wert der Haut und deren bakterieller Besiedelung her.
Ihre Theorie war, dass diese saure Schicht die Haut vor Krankheitserregern schütze. Der Begriff des "Säure(schutz)mantels" war geboren.
Der Aufstieg ph-hautneutraler Produkte
Basierend auf dieser Aussage begannen Kosmetikkonzerne damit, (vorwiegend synthetische) ph-hautneutrale Reinigungs- und Pflegeprodukte auf den Markt zu bringen und deren Vorzüge gegenüber Seifen zu bewerben.
Die Begründung dahinter war, dass Seifen aufgrund ihres alkalischen ph-Werts (meist zwischen 8 und 10) den Säureschutzmantel der Haut angreifen oder gar zerstören würden und die Haut somit dem Angriff von Bakterien und anderen Erregern und Umwelteinflüssen - zumindest temporär - schutzlos ausgeliefert sei.
Somit könnten nur Produkte, die dem sauren ph-Wert des Säureschutzmantels entsprächen, für die Hautpflege herangezogen werden, da diese den Säureschutzmantel nicht angreifen und somit keine Belastung für die Haut darstellen würden.
Diese Betrachtungsweise wirft einige Fragen auf:
Ist Wasser schlecht für die Haut?
Wasser hat wie oben erwähnt einen ph-Wert von ca. 7 und entspricht damit NICHT dem ph-Wert des Säureschutzmantels. Hält man sich also strikt an die Theorie der ph-hautneutralen Reinigung, darf man sich eigentlich nicht mehr mit Wasser waschen. Ich warte nur darauf, dass die Kosmetikindustrie eine ph-hautneutrale Alternative zu Wasser auf den Markt bringt.
Warum ist Fruchtwasser basisch?
Das Fruchtwasser, in dem wir die ersten 9 Monate unseres Lebens verbringen und das währenddessen unsere gesamte Haut umspült, ist basisch. Nun kann man das Plantschen in der Fruchtblase nicht unbedingt mit dem harschen Leben da draußen nach der Geburt vergleichen, jede Menge schädliche Umwelteinflüsse entfallen z.B., aber ... wenn basische Lösungen angeblich so schlecht für die menschliche Haut sind, warum schwimmen wir dann während der gesamten Schwangerschaft darin?
Sollen wir unsere Pflege an die Ausscheidungen der Haut anpassen?
Der Säureschutzmantel besteht aus Ausscheidungen unserer Haut - Schweiß, Talg, abgestorbene Hautzellen - und deren ph-Wert bewegt sich um die 4,5 - 5,5.
Sollen wir unsere Hautpflege nun an den ph-Wert dessen anpassen, was unsere Haut absondert?
Oder an den ph-Wert der Haut und des Bindegewebes, die leicht basisch sind?
Wie gut schützt der Säureschutzmantel?
Das Konzept der Schutzfunktion der sauren Schicht auf unserer Haut ist umstritten, denn der niedrige ph-Wert alleine schützt nicht vor der Besiedlung mit schädlichen Bakterien.
Vielmehr entsteht die Schutzfunktion durch ein Zusammenspiel vielerlei Faktoren: Die verschiedenen Absonderungen der Haut bilden eine chemische Barriere, die zusammen mit der Hautflora Schutz vor nicht erwünschten Mikroorganismen bildet. Auch die im Schweiß enthaltenen Fettsäuren sind entscheidend für die antimikrobielle Wirkung. Die aus unseren Talgdrüsen stammenden Fette schützen die Haut, indem sie sie wasserabweisend und geschmeidig machen.
Zerstört Seife wirklich den Säureschutzmantel?
Wissenschaftliche Untersuchungen zufolge bringt auch die langfristige Verwendung von Seife den ph-Wert auf der Haut nicht dauerhaft aus dem Gleichgewicht.
Nach dem Waschen mit Seife steigt der ph-Wert zwar tatsächlich an, die Haut reguliert diesen allerdings von selber innerhalb kurzer Zeit wieder dorthin, wo er hingehört.
Ist der ph-Wert von Pflegeprodukten wirklich ausschlaggebend?
Wir erinnern uns: Wasser hat einen ph-Wert von 7 und damit deutlich über dem der äußersten Schicht auf unserer Haut.
Schon alleine das Waschen mit reinem Wasser bringt den ph-Wert unserer Haut somit aus dem Gleichgewicht.
Jegliche Reinigung der Haut - egal ob mit alkalischen Naturseifen oder (meist) synthetischen ph-hautneutralen Produkten - basiert auf der temporären Entfettung der Haut, da mit der Lösung der äußeren Fettschicht auch die Verunreinigungen abgewaschen werden sollen.
Dadurch wird zwangsläufig sowohl der schützende obere Fettfilm als auch der Säureschutzmantel gestört.
Während sich letzterer aber oft schon nach nur 30 min regeneriert, kann es mehrere Stunden dauern, bis die Fettschicht wieder hergestellt ist.
Daher ist nicht vor allem der ph-Wert der verwendeten Produkte für eine milde Reinigung ausschlaggebend, sondern viel mehr wie aggressiv diese entfetten bzw. wie rückfettend diese wirken und wie stark diese daher in den schützenden Fettfilm der Haut eingreifen.
Was greift die Haut wirklich an?
Viel wichtiger als der ph-Wert der verwendeten Produkte ist auch die Häufigkeit ihrer Verwendung. Übermäßiges Waschen und Duschen unter Verwendung übertriebener Mengen an (aggressiven) Reinigungsmitteln belastet die Haut nur, da jedes Mal der schützende Fettfilm entfernt wird.
Es ist nicht unbedingt notwendig, täglich zu duschen und sicher nicht mehrmals täglich. Wenn man nicht sonderlich geschwitzt hat, reicht es beim Duschen auch oft, nur geruchsintensivere Körperregionen (Achseln, Füße, Schweißrinne) mit Seife zu reinigen und den Rest nur mit Wasser. Den Vaginalbereich sollte man grundsätzlich immer nur mit reinem Wasser reinigen, denn eine gesunde Vaginalflora ohne Eingriffe durch Reinigungsprodukte ist der beste Schutz vor Krankheitserregern.
Je nach Hauttyp ist es auch nicht immer notwendig, die Gesichtshaut morgens mit Waschsubstanzen zu reinigen. Abends sollte man dies - aufgrund der Umwelteinflüsse während des Tages - tun, morgens kann auch eine Reinigung nur mit klarem Wasser ausreichend sein.
Fazit
Wie du siehst, musst du keine Angst haben, dass unsere milden Naturseifen deiner Haut schaden. Ganz im Gegenteil - mit unseren minimalistischen Pflegeprodukten bietest du deiner Haut sanfte Reinigung und optimale Pflege und durch die hohe Wirkstoffkonzentration und mithilfe einer zielgerichteten Verwendung kommst du mit einer Packung auch noch lange aus.
Quellen:
Ärztekammer Niedersachsen, https://www.aekn.de/patienten/gesundheitstipps/die-haut
O.Braun-Falco, H.C. Korting, Hautreinigung mit Syndets, https://bit.ly/3tosb3t
Sportärztezeitung, https://sportaerztezeitung.com/rubriken/ernaehrung/6882/entzuendungen-und-schmerzen-durch-uebersaeuerung/
Dr. Frank Antwerpes, https://flexikon.doccheck.com/de/S%C3%A4ureschutzmantel
Dr. med. Nonnenmacher, https://medlexi.de/S%C3%A4ureschutzmantel
Süddeutsche Zeitung, https://www.sueddeutsche.de/wissen/dermatologen-warnen-zuviel-waschen-ist-ungesund-1.603741
Medipee Lab, https://www.medipee.com/urinanalyse/standardparameter/ph-wert
Wikipedia, https://de.m.wikipedia.org/wiki/S%C3%A4ureschutzmantel
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